Wettbewerbsrecht in Indien: Was europäische Unternehmen bei Fusionen und Übernahmen beachten müssen



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Europäische Unternehmen, die in Indien durch eine Fusion oder Übernahme Fuß fassen wollen, sollten das Wettbewerbsrecht nicht unterschätzen. Wer die Spielregeln ignoriert, riskiert hohe Geldstrafen – selbst globale Konzerne blieben davon nicht verschont.
Bevor Sie in Indien investieren, sollten Sie verstehen, welche Wettbewerbsregeln dort gelten – und was als kritisches Verhalten eingestuft wird. Das indische Wettbewerbsrecht schützt nicht nur den Markt, sondern kann für internationale Unternehmen auch echte Fallstricke bereithalten. Im Folgenden erfahren Sie, worauf es wirklich ankommt.
Das indische Wettbewerbsgesetz: Ziel und Grundprinzipien
Mit dem indischen Wettbewerbsrecht soll sichergestellt werden, dass der freie Markt im Land effizient funktioniert. Ein fairer Wettbewerb soll zu besseren und preisgünstigeren Produkten und Dienstleistungen führen und Unternehmen zu Innovationen anregen. Das Gesetz stellt sicher, dass jedes Unternehmen seine Strategie eigenständig entwickelt – ohne wettbewerbswidrige Absprachen oder Marktverzerrungen.
Kern des Gesetzes ist der Competition Act, der wirtschaftliche Aktivitäten reguliert, die zu einer wettbewerbsfeindlichen Marktstellung führen könnten. Er untersagt insbesondere Geschäftsvereinbarungen, die zu einer übermäßigen Verflechtung in der Lieferkette, im Vertrieb, in der Lagerung oder bei der Kontrolle von Waren oder Dienstleistungen führen.
Drei zentrale Arten von Wettbewerbsverstößen in Indien
Das Gesetz unterscheidet dabei drei zentrale Formen wettbewerbswidrigen Verhaltens:
- Wettbewerbswidrige Vereinbarungen: Verboten sind Absprachen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb merklich beeinträchtigen – unabhängig davon, ob sie schriftlich oder mündlich getroffen wurden oder sich nur aus dem Verhalten der Beteiligten ableiten lassen.
- Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung: Eine marktbeherrschende Stellung ist grundsätzlich nicht verboten. Unzulässig ist jedoch ihr Missbrauch, etwa durch Preismanipulation, unfaire Ausnutzung der Marktmacht oder Verdrängung von Wettbewerbern. Dazu zählt etwa die Kontrolle des Angebots, das Erzwingen niedriger Einkaufspreise oder der Ausschluss anderer Anbieter vom Markt.
- Fusionen und Zusammenschlüsse: Fusionen und Übernahmen sind untersagt, wenn sie spürbare nachteilige Auswirkungen auf den Wettbewerb haben oder haben könnten. Für bestimmte Transaktionen, die einen finanziellen Schwellenwert überschreiten, gilt zudem eine vorherige Anmeldepflicht bei der indischen Wettbewerbsbehörde (siehe unten).
Die indische Wettbewerbskommission
Die Competition Commission of India (CCI) ist die zentrale Aufsichtsbehörde für das Wettbewerbsrecht in Indien. Sie wurde auf Grundlage des indischen Wettbewerbsgesetzes als staatliche Institution eingerichtet und überwacht dessen Einhaltung.
Die indische Wettbewerbskommission ist befugt, Unternehmen anzuschreiben – auch solche mit Sitz im Ausland – wenn sie vermutet, dass deren Aktivitäten den Wettbewerb auf dem indischen Markt beeinträchtigen könnten. Das betrifft insbesondere internationale Unternehmen, die nach Indien exportieren oder dort Geschäfte machen.
Geplante Zusammenschlüsse, die bestimmte finanzielle Schwellenwerte überschreiten (gemessen an den Vermögenswerten oder Umsätzen der beteiligten Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen), müssen im Voraus bei der indischen Wettbewerbskommission angemeldet und genehmigt werden.
Wann muss ein Zusammenschluss bei der indischen Wettbewerbsbehörde angemeldet werden?
Ein Zusammenschluss umfasst die Übernahme eines oder mehrerer Unternehmen durch eine oder mehrere Personen sowie die Fusion oder Verschmelzung von Unternehmen – sofern bestimmte finanzielle Schwellenwerte erreicht werden. Zu den meldepflichtigen Vorgängen zählen:
- Der Erwerb von Kontrolle, Anteilen, Stimmrechten oder Vermögenswerten eines Unternehmens
- Der Erwerb der Kontrolle über ein Unternehmen durch eine Person, die bereits direkt oder indirekt ein anderes Unternehmen in derselben Branche kontrolliert
- Jede Form von Fusion oder Verschmelzung zweier Unternehmen
Die konkreten Schwellenwerte sind abhängig davon, ob der Zusammenschluss nur in Indien oder weltweit (einschließlich Indien) erfolgt. Die jeweils geltenden Werte müssen sowohl hinsichtlich des Umsatzes als auch der Vermögenswerte geprüft werden (siehe Illustration).

Ablauf des Wettbewerbsverfahrens in Indien
Wer muss die Genehmigung einholen?
Bevor ein Unternehmen in Indien ein anderes Unternehmen übernehmen oder mit ihm fusionieren darf, ist eine Genehmigung der indischen Wettbewerbskommission (CCI) erforderlich. Die Anmeldung muss spätestens 30 Tage nach Einreichung des Fusions- oder Übernahmevorschlags erfolgen.
- Bei einer Fusion müssen beide Parteien gemeinsam die Zustimmung der CCI einholen.
- Bei einer Übernahme ist das übernehmende Unternehmen allein für die Anmeldung verantwortlich.
Besonderheiten bei feindlichen Übernahmen
Im Fall einer feindlichen Übernahme reicht es aus, wenn der Erwerber nur die ihm vorliegenden Informationen an die CCI übermittelt. Die Wettbewerbskommission kann dann selbst weitere Beteiligte kontaktieren und zusätzliche Informationen einholen.
Wie läuft das Verfahren ab?
Unternehmen können die erforderlichen Unterlagen über das Online-Portal der indischen Wettbewerbskommission einreichen. Die Behörde bietet bei Zweifeln oder Fragen aber auch die Möglichkeit einer Beratung vor der Einreichung. Die dabei erteilten Ratschläge sind jedoch nicht bindend und spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Wettbewerbskommission wider.
Die CCI prüft jeden Fall in zwei Schritten:
- Vorprüfung (innerhalb von 30 Tagen): Nach Eingang der Unterlagen bildet sich die CCI eine erste Meinung. Diese Vorprüfung entscheidet, ob eine detaillierte Untersuchung notwendig ist.
- Hauptuntersuchung (innerhalb von 180 Tagen): Bei Verdacht auf spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigungen folgt eine vertiefte Prüfung. Dabei kann die CCI den Generaldirektor um einen Bericht bitten, beteiligte Parteien zur Offenlegung weiterer Details auffordern, Stellungnahmen betroffener Marktteilnehmer einholen und Anhörungen durchführen.
Am Ende des Verfahrens kann die Wettbewerbskommission den Zusammenschluss genehmigen, untersagen oder eine Genehmigung unter Auflagen (zum Beispiel Änderung der Transaktionsstruktur) erteilen.
Verstoß gegen das indische Wettbewerbsrecht: Zwei Präzedenzfälle
Untersuchungen nach dem indischen Wettbewerbsrecht können entweder durch eine Beschwerde oder von Amts wegen eingeleitet werden. Wird ein Unternehmen für schuldig befunden, drohen hohe Geldstrafen – in der Regel bis zu 10 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes der letzten drei Jahre. Im Falle von Kartellabsprachen kann dieser Betrag auf über 10 Prozent und bis zum Dreifachen des erzielten Gewinns während der gesamten Dauer der Kartellabsprache ansteigen.
Fallbeispiel Google: Marktmissbrauch mit millionenschweren Folgen
Ein prominentes Beispiel: Die indische Wettbewerbskommission verhängte gegen Google eine Strafe in Höhe von 20 Millionen US-Dollar, weil das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hatte. Die Entscheidung zeigt, dass auch global agierende Unternehmen in Indien konsequent zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen.
Fallbeispiel Monsanto: Geldstrafe wegen mangelnder Kooperation
Auch mangelnde Zusammenarbeit während eines laufenden Verfahrens kann zu Sanktionen führen. In einem weiteren Fall verhängte die indische Wettbewerbskommission eine Geldbuße von 300.000 US-Dollar gegen Monsanto und drei Tochtergesellschaften – nicht wegen eines klassischen Kartellverstoßes, sondern wegen fehlender Kooperation mit den Ermittlungsbehörden.
Warum das Wettbewerbsrecht für Ihre Indien-Strategie entscheidend ist
Das Wettbewerbsrecht hat maßgeblichen Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen in Indien – insbesondere bei Fusionen und Übernahmen. Verstöße können teuer werden und zu langwierigen Verfahren führen. Zwar besteht die Möglichkeit, gegen Entscheidungen der Wettbewerbsbehörde beim National Company Law Appellate Tribunal (NCLAT) Einspruch einzulegen – doch das schützt nicht vor Reputationsschäden und hohen Kosten.
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